Veedelshelden Müllem! Unser Besuch bei den Mülheim Strangers

Mülheim Strangers – “Mülheim bleibt hoffentlich bunt!”

Wenn fünf Kerle in Köln-Mülheim ein Designstudio gründen, hat das durchaus pragmatische Gründe. Vergleichsweise günstige Mieten ziehen den Kulturschaffenden auf die Schälsick. Ob dem Kreativen allerdings der Schwarze Peter für Gentrifizierung zugeschoben werden sollte und, wie es um das Kulturlevel in Mülheim steht, erzählen die MÜLHEIM STRANGERS.

„Man wird offener, wenn man in Mülheim arbeitet.“


Spielwiese Köln-Mülheim und fünf Kreative – Matthäus, Sven, Gary, Dirk, Andreas, Stefan – die eine Räumlichkeit für interaktives Design und Ingenieurarbeiten brauchen. Im Kollektiv bekommt man bessere Immobilien. Aber drüben, auf der linken Rheinseite lockt der Makler mit viel Provision und unbezahlbaren Mietpreisen. 2011 richtet sich der Blick dann nach Köln-Mülheim. Auf der Wallstraße 137 hat frisch ein Kinderladen die Segel gestrichen. Das geschichtsträchtige Ladenlokal mit Kneipen- und Kiosk-Historie steht frei – die Mülheim Strangers schlagen zu.

 „Wir standen hier und haben uns am Anfang echt schwer getan mit der Ecke.


Der ein oder andere kennt Mülheim vom Hörensagen, ständigen Vorurteilen oder sei sogar nur bis Deutz gekommen. Multikulti muss man mögen. Multidesign-affin sind die Herren bereits. Mehrere Jahre arbeitet damals jeder von ihnen schon selbstständig, aber mit Freunden zusammen arbeiten sei etwas anderes. Gemeinsam lassen sich nicht nur Lösungen für Kundenwünsche entwickeln, sondern auch Blicke in die neue Umgebung wagen. Gestalterisch gelöst wird alles, was auf dem Schreibtisch landet und somit entsteht schnell die Idee für den Kollektivnamen: „Mülheim Strangers“, das sind nicht nur die einst „Mülheim-Fremden“ sondern ebenfalls die Nähe zum U.S. Sport und dem Logo der New York Rangers. Da passt es ganz gut, dass sogar die Mülheimer Farben Blau-Weiß-Rot ein Teil davon sind. Die Voraussetzung für die kreative Vernetzung mit anderen ist gegeben, doch wie sieht es eigentlich aus mit dem Designaustausch? „Das braucht ein bisschen Zeit, irgendwann steht man in ’ner Kneipe und kommt ins Gespräch.“

Einfach ist das nicht, nichts passiert von alleine, vor allen Dingen, wenn man zunächst der Fremde ist. Die meisten Kreativen sitzen im Schanzenviertel, doch vom dortigen Quartier schwappt wenig rüber, dort bleibt man unter sich und fährt nach der Arbeit eh zuürck auf die andere Rheinseite. Die Strangers wissen, Design hat in Deutschland nicht den Stellenwert, den es beispielsweise in den Niederlanden hat, wo einige von ihnen studiert haben. Ein paar kleinere Kreativ-Büros scheinen sich aber doch mitanzusiedeln.

„Die Kultur und Kreativszene wird immer genommen für abgewrackte Stadtteile. Da sagen die Leute gleich: Jetzt geht die Gentrifizierung los! Gottseidank sagen wir nicht: Gentrifiziert euch!“


Man kann nicht gerade behaupten, dass ausgerechnet die Kreativen daran Schuld sind. Gegenteilig steigt die Attraktivität des Viertels vielmehr durch Investitionen: Die Mülheimer Rhein-Promenade wird chic gemacht und exorbitant teuer, die Infrastruktur wird gestärkt. Fraglich bleibt, ob es zukünftig eine Durchmischung gibt, ob man sich auch mal aus seinem chicen Wohnsilo in Richtung Wiener Platz bewegt. Einig sind sich die Mülheim Strangers darüber, dass Mülheim seinen Möglichkeiten hinterher hinkt und den Problemviertelcharakter so schnell nicht los wird. Kulturelle Vielfalt ist wünschenswert.

„Die Zukunft von Mülheim bleibt hoffentlich bunt.“


Die Strangers sind mittendrin in dieser Entwicklung. Den richtigen Kontakt zu Mülheim bekommen sie über die Mülheimer Nacht. Dort präsentieren sie Videoinstallationen und lernen schnell die anderen Kreativköpfe des Veedels kennen. Eine „schöne runde Kiste“ wie sie sagen. Endlich mal auch nachts in Mülheim weggehen und das Flair mitnehmen. Auch wenn die Mülheimer Nacht noch ein wenig in den Kinderschuhen stecke. Die Mülheim Strangers bleiben offen für alles und jeden Impuls. In ihrem Studio finden viele freie Projekte ihren Anklang, oft kommen Menschen rein, um etwas drucken zu lassen, einen Siebdruckworkshop gab es auch bereits.

„Man kommt hier in Mülheim gut mit den Leuten ins Gespräch, ich meine, wir lümmeln bei schönem Wetter ja auch oft vorm Laden, trinken unseren Kaffee.“


Lieblingsplatz Wallstraße 137. Und hier zeigt sich, die Nähe zum Veedel kann nur durch den Kontakt mit dessen Menschen entstehen. Wie sich das ganze weiter entwickelt, wird sich zeigen. Der kulturell-kreative Startschuss im Rechtsrheinischen wird sicherlich nachhallen!

Stattet den Mülheim Strangers einen Besuch ab:

Mülheim Strangers
Open Design & Silkscreen Studio
Wallstraße 137 51063 Köln

yo@muelheimstrangers.de
muelheimstrangers.de
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